7. Eine Nacht der Angst

Die Nacht zum Dienstag, den 21. März 2017 bleibt ins Gedächtnis der Einwohner von Buyinga eingebrannt.

Yuli schüttelte voller Furcht ihren Mann und schrie auf ihn ein.

Yuli: Hörst du nicht die Schüsse? Sicherlich sind die Maimai gekommen, um gegen die FARDC zu kämpfen. Rette sich wer kann!

N’Sereka noch halb im Schlaf: Was? Warum schreist du so mitten in der Nacht? Was ist denn in dich gefahren?

Yuli: Papa, öffne deine beiden Ohren und du wirst nicht mehr fragen.

N’Sereka : Mein Gott. Endlich ist die Nationalarmee angekommen. Wir müssen fliehen. Aber die Gefahr wird in Richtung Süden gehen, nach Kasiyiro, wenn die Mazembe angegriffen werden. Aber wenn die Nduma angegriffen werden, dann ist die Gefahr in Richtung Westen. Ich werde erst mal rausgehen, um festzustellen, was los ist, aber wecke noch nicht die Kinder. Wir müssen erst mal sehen, was wir tun sollen.

Yuli: Aber beeile dich bitte.

N’Sereka will schnell rausgehen, aber trotzdem sehr vorsichtig aus Furcht davor, Bewaffneten zu be­geg­nen. Er zog den Vorhang zurück, um nach draußen zu schauen. Doch er konnte nichts sehen. Aber er hörte, dass das Gewehrfeuer weit weg war. Er öffnete die Tür und hörte die Unterhaltungen seiner Nach­barn, die auch schon aufge­wacht waren. Sie hatten sich vor dem dritten Haus versammelt, das sich auf dem Gipfel des Hügels befand. Er ging schnell dort hin.

N’Sereka : Was passiert denn gerade, Nachbarn. Warum greift die FARDC die Mazembe zuerst an ? Sie sollten zuerst die Nduma bekämpfen, die uns leiden lassen.


Siedlung wie in Buyinga

Nya Bosiko : Ich war noch wach, als ich einen Konvoi von 14 Motorrädern aus Richtung Mukondo kommen hörte. Sie fuhren in Richtung Kasiyiro. Haben vielleicht die Nduma die Mazembe angegriffen ? Ich glaube, das war kein Angriff durch Regierungssoldaten, nicht wahr ?

Baba Ngwila : Ich glaube, es sind tatsächlich die Nduma, die angreifen und nicht die FARDC. Man hört nur Kalaschnikows, keine Granaten, wie die, die man gehört hatte an dem Tag als die FARDC und die MONUSCO eingegriffen hatten. Das waren fürchterliche Bomben.

N’Sereka kehrt zu seinem Haus zurück und findet dort seine Frau, die aufgestanden ist, mit einer Petroleum­lampe in der Hand. Sie drängte ihn, zu sagen, was man draußen erzählt, bevor sie ihm ihre eigenen Schluss­folgerungen mit­teilte: Der Gefechtslärm kommt aus Kasiyiro. Das ist nicht die FARDC, denn man hört keine Grana­ten. Aber es sind so viele Schüsse, dass ich mich frage, ob die Nduma wirklich so viel Munition haben.

Yuli: leise, kaum hörbar: Nach den Gerüchten können sie durchaus viel davon haben. Haben sie nicht viele Soldaten der FDLR1 getötet und ihr Kriegsmaterial erbeutet ?

N’Sereka : Ach was. Anscheinend ist die FDLR gut bewaffnet worden von fremden Armeen, die im Gegenzug dafür Gold bekommen haben.

Yuli: Sollen wir die Kinder jetzt wecken, wo momentan nicht viel zu befürchten ist ? Wir sollten in den Stadtteil Vutungera flüchten. Das ist das Viertel, das am weitesten von Buyinga entfernt in der Gegenrichtung von Kasiyiro liegt.

N’Sereka : Hören wir erst einmal, was unsere Nachbarn sagen. Wenn wir alleine weggehen, riskieren wir in die Hände der Milizen zu fallen, Wer weiß ? Vielleicht merkt auch ein Strolch unsere Flucht und kommt, um alle unsere Sachen zu klauen. Also ist es noch nicht notwendig zu fliehen.

Das Ehepaar geht zu der Gruppe der Nachbarn. Diese ist inzwischen gewachsen mit der Dauer des Gefechtslärms.

Nya Bosiko versucht Yuli Angst zu machen: Die Mazembe sind dabei sich zu wehren. Höre, Yuli, die Schüsse kommen immer näher auf uns zu. Man sollte fliehen und das schnell.

Die Leute lachen. Yuli, nachdem sie verstanden hatte, dass Nya Bosiko sie verulken wollte, fragte :

Yuli: Was machen wir aber, wenn die Schlacht tatsächlich zu uns nach Buyinga kommt ?

Nya Bosiko, der das Wort führte: Es gibt nichts zu fürchten. Wir wissen dass die Mazembe schlau sind. Sie werden die Verfolgung der Angreifer einstellen, bevor sie Buyinga erreichen. Sie wollen kein unschuldiges Blut vergießen. Ich leide an Schlaflosigkeit. Sonst wäre ich schon lange zurück ins Bett gegangen.

Vipopo, ein einflussreicher Mann des Viertels: Lass uns schlafen gehen um Yuli zu beruhigen. Es ist tatsächlich so, dass die Ängstlichen bereits fort sind, um sich in Vutungere und Vukula zu verstecken. Jeder kann selbst für sich entscheiden. Ich gehe wieder schlafen.

Yuli: Lass uns zurück nach Hause gehen. Ich verstehe, dass wir bis zum Morgen nicht in Gefahr sind.

Zu Hause angekommen, findet das Ehepaar, dass ein Kind aufgewacht ist. Das Kind beklagt sich sofort bei seinen Eltern.

Kavugho : Wie könnt ihr vor dem Krieg fliehen und uns zurück lassen, ohne uns etwas zu sagen ?

N’Sereka: Wir sind nicht geflohen. Wir sind nur rausgegangen um zu sehen, was abläuft. Wir sind sicher, dass die Gefahr weit von uns entfernt ist. Lasst uns schlafen und nicht unnötig die wecken, die noch schlafen.

Wir brauchen uns keine Sorgen machen.

1FDLR ist der Rest der ruandischen Armee, auch Interahamwe genannt, die sich hier zurückgezogen hatten. Die Maimai haben sie noch weiter vertrieben.
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