21. Eine der Methoden, wie die Pygmäen das Brautgeld bezahlen

Am Feuer erzählt man Geschichten

Meine Mutter, die jetzt schon seit einiger Zeit verstorben ist, hat mir erzählt, wie ihr Bruder seine Frau bekommen hat. Und das war so:

Eines Morgens kam mein Vater zum Haus zurück, erschöpft und sehr müde. Er sprach mit niemandem, auch nicht mit unserer Mutter und auch nicht mit der kleinen YONGA NDE BUSA, die wie üblich auf ihn zulief, um ihn zu umarmen.

Wir alle dachten, dass ein großes Unglück geschehen sein musste. Tatsächlich hatte es an diesem Nachmittag einen sehr starken Wolkenbruch gegeben und das den ganzen Nachmittag lang. Aber das reichte nicht aus um die Ursache für solch eine ungewöhnliche Niedergeschlagenheit zu sein.

Als unsere Mutter dachte, dass wir bereits eingeschlafen sind, stellte Mutter meinen Vater wegen seines so negativen Verhaltens zur Rede. Papa antwortete mit klagevoller Stimme, dass er furchtbar niedergeschlagen sei, denn sein eigener Bruder, unser Onkel MOBETI hat schon vor über einer Woche ein Feld von wilden Süßkartoffeln abgeerntet. Das waren Süßkartoffeln, die sie gemeinsam entdeckt hatten. Sie hatten vereinbart, dass diese Reserve als Brautgeld für die Braut meines Bruders TASO zurückgehalten werden sollte.

Nach ihrer Übereinkunft sollten die Süßkartoffeln dem Clan Nyonga übergeben werden, aus dem die Braut stammte. Wir lebten schon seit einiger Zeit auf einem Hügel in deren Nähe, auch wenn wir regelmäßig in den Wald zogen, um Antilopen zu jagen. Manchmal passierte es auch, dass beide Clans zusammen jagten, um Großwild zu erjagen, wie z.B. Elefanten. Das war nötig, damit das Fleisch nicht verdarb, sondern schnell gegessen werden konnte.

Dieser Familienärger gehörte nicht in die Ohren der Kinder, denn das könnte die Beziehungen zwischen den Clans belasten.

Um zu vermeiden, dass mein Vater zu viel erzählte, fing ich an zu husten. Auch mein Bruder TASO, der der Erstgeborene in der Familie war, machte es genau so. Daraufhin hörte Papa auf, seine Geschichte zu erzählen

Am nächsten Morgen sandte er unsere jüngeren Brüder fort, sich im Wald fern von unserer Hütte aufzuhalten. Dann gab er uns erwachsenen Kindern eine schnelle Übersicht über die Situation.

Nach einem Brauchtum der Ureinwohner, ist es so, wenn ein Mann ein Fräulein trifft, bei der er feststellt, dass sie als Ehefrau für seinen Sohn passen würde, und wenn er ebenso den Charakter der Eltern des Fräuleins geprüft hat, dann bittet er direkt um die Hand des Mädchens als Ehefrau für seinen Sohn.

Zu lange zu warten, kann verhängnisvoll sein, denn die Mädchen sind rar und es kann sein, dass jemand anderes sie vor der Nase wegschnappt.

Mein Vater hatte vier Söhne: TASO, PANDASI, NSOA und ABETI. Drei weiter Kinder sind früh gestorben. ABETI wurde noch gestillt und NSOA noch zu jung um mit auf die Jagd zu gehen. Ich war das einzige Mädchen in der Familie, geboren nach PANDASI, Ich konnte daher als Austausch dienen aber nur für einen der beiden Jungen, normalerweise für den Erstgeborenen TASO.

Denn bei uns ist es so, unter dem Segen von zwei Familien: Wenn ein Junge eine Schwester hat und ein anderer in einer anderen Familie ebenfalls, dann verabredet man einen Austausch ohne jede weitere Formalitäten.

Eltern, die einen Sohn aber keine Tochter haben, müssen dann ein Brautgeld zahlen um eine Schwiegertochter zu gewinnen.

Es war natürlich vorhersehbar, dass dieser Austausch sich zwischen unserer Familie und meinem Onkel MOBETI stattfinden sollte.

Leider war aber der zweite Sohn meines Vaters, mein Bruder PANDASI viel aufgeweckter als sein älterer Bruder TASO. Er wurde regelmäßig dabei erwischt, dass er mit MA MBOUA, der Tochter meines Onkels Mobeti , spazieren ging. Er war sich also schon sicher, dass dieses Mädchen seine Frau werden würde, denn TASO würde sie nicht anrühren.

Meine Eltern waren deshalb darüber besorgt, dass sie schnell eine Braut für den Älteren finden müssten, bevor der Dummkopf PANDASI auf die Idee käme, seine Verlobte mit zu uns nach Hause zu bringen. Das wäre eine Schande für TASO gewesen und auch für unsere ganze Familie. Die Leute würden dann glauben, dass TASO sexuell impotent wäre.

TASO war aber tatsächlich sehr schüchtern. Ich und MA MBOUA hatten ihm oft Strategien vorgeschlagen, um ein Treffen mit einem Mädchen zu arrangieren.

Mein Vater hatte unterdessen die Möglichkeit eröffnet, das Brautgeld für eine Schwiegertochter aus dem Clan MOBETI zu bezahlen, denn er hatte ja mit seinem Bruder MOBETI ein schönes Feld von wilden Süßkartoffeln entdeckt. Das würde ein ehrenvolles Brautgeld für die Hand eines Mädchens sein.

Aber wegen des Hungers hatte sein Bruder bereits einen großen Teil der Süßkartoffeln ausgegraben, trotz der Übereinkunft, diese der Familie NYONGA als Brautgeld zu überlassen. So ist mein Vater noch mal viele Kilometer im Wald auf der Suche gewesen, um noch so eine Gelegenheit zu finden.

Enkel von Butaona

Nachdem unser Vater uns informiert hatte, kam mein Onkel Mobeti vor unserer Hütte an und sprach mit Papa außerhalb unserer Hörweite. Sie sprachen einen Moment und gingen dann auseinander. Papa rief dann meine älteren Brüder, meine Mutter und mich für einen kurzen Spaziergang im Wald.

Ich hatte trotz der langen Strecke zu folgen, obwohl ich bereits große Brüste hatte, die sich bewegten, als ich ging; ebenso wie MA Mboua, das Mädchen, das mein Bruder PANDASI heiraten wollte. Mein Vetter Kuya, der Sohn meines Onkels MOBETI , hatte ein Feld von Igname Wurzeln gefunden, groß genug ,um als Brautpreis für meinen Bruder zu genügen. Also gingen wir zusammen mit den erwachsenen Kindern zu meinem Onkel MOBETI, nämlich Kuya und seine Schwester MA Mboua, um eine gute Partie Igname Wurzeln zu ernten.

Papa, meine beiden Brüder Taso und Pandasi, mein Onkel Mobeti und sein Sohn Kuya folgten den Weg zu dem Feld mit den Igname-Wurzeln. Nach ihrer Rückkehr und um Ärger zu vermeiden brachte mein Vater meinen Bruder Taso direkt ins Camp Nyonga zu seiner Verlobten. Am übernächsten Tag machte sich mein Bruder daran, eine neue Hütte zu bauen. Danach ging er, seine Frau zu holen, zum großen Erstaunen unserer jüngeren Brüder, die nichts ahnten. In dieser Nacht blieb ich die ganze Nacht auf. Ich überlegte, wann mein Bruder Pandasi wohl so weit war, mit meinem Cousin Kuyi über einen Austausch zu verhandeln. Auch meine Cousine Ma Mboua erwartete das mit Ungeduld.

Glücklicherweise gestand uns der unfähige Pandasi, dass er die ganze Nacht aufgewühlt war. So ging er schließlich zu unserem Cousin, um sich zu besprechen, damit wir nicht mehr voller Ungeduld warten mussten, bis es soweit war.

Tatsächlich hatte Pandasi keine guten Manieren, um seine Gefühle zu verstecken, denn er wartete auf Ma Mboua bei der Rückkehr von der Quelle, wo sie das machten, was wir im verborgenen machten, im großen geheimen.

Einige Tage später kam mein Verlobter und zog mich fast brutal aus meiner Hütte und forderte mich auf, ihm bei sich zu Hause eine Igname Wurzel zu grillen. Zuerst heuchelte ich eine Weigerung, bevor ich mich darauf einließ, mit viel innerer, aber ungezeigter Freude.

Wir gingen aus dem Dorf heraus in den Wald, um dort die verbotenen Früchte zu teilen. Vor dort aus führte er mich in sein neu erbautes Haus, wo er mich einschloss. Das Haus war nicht solide genug um mich festzuhalten, aber ich blieb dort ganz allein bis zum Anbruch der Nacht. In der Dunkelheit kam meine Schwägerin Ma Mboua und brachte mir ein Liboke, eine Mahlzeit von Krabben und einige gegrillte Scheiben Igname. Dabei erzählte sie mir, dass sie auch in der Hütte ihres geliebten Pandasi schlafen wird. Schließlich blieben wir die ganze Nacht zusammen, ohne uns daran zu scheren, was man darüber sagte

TASO : der Erstgeborene

PANDASI : Mein älterer Bruder,

NSOA : mein jüngerer Bruder

YONGA NDE BUSA : der letztgeborene Bruder

MOBETI : Mein Onkel, der mein Schwiegervater werden sollte.

MA MBOUA : Verlobte meines Bruders PANDASI: Jüngere Schwester meines Verlobten

KUYÁ : mein Verlobter, Sohn meines Onkels MOBETI

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