2. Handys im Urwald – aus geraubten Coltan

Ein Selfie mit Mwira

Ich freue mich so über mein Smartphone1. Papa Schulze hat mir eines geschickt. Auch Uleda hat eines bekommen und Mwira. Das ist ein Krankenpfleger aus dem Krankenhaus in Katwa, den Papa Schulze wohl über das Internet kennen gelernt hat. Das ist schon eine seltsame Sache, das Internet. So ganz verstehe ich die ganze Technik nicht. Aber jetzt ist es uns möglich, mit der Welt in Kontakt zu bleiben. Einige Male hat Papa uns Informationen zur Lage hier bei uns geschickt. Dann bekommen wir Informationen auch aus dem Congo von anderen Leuten. Aber das ist nicht immer ganz einfach, denn das Internet kostet viel und ist auch nicht sehr zuverlässig.


Aber es ist schon erstaunlich, wo man überall bereits mit dem Handy telefonieren kann. Selbst in Tandandale! Aber dort nur auf dem Berg der Schule und dort direkt am Fahnenmast, der den höchste Punkt darstellt.

Im Wald auf der Flucht hat man kein Netz. Man muss auf einen Hügel steigen.

Mwira hat sein Telefon auf Kredit bekommen. Aber er kann den Kredit nicht bezahlen, so erzählte mir Uleda. Er verdient als Krankenpfleger vielleicht 60$ im Monat und so ein Telefon kostet 200$. Papa scheint das schon gewusst zu haben, als er es schickte. Mwira ist jetzt unser technischer Berater. Immer wenn es ein Problem gibt, wenden wir uns an ihn, und er berät uns. So konnten wir Threema einrichten. Das ist ein Nachrichtenprogramm wie Whatsapp, das hier viele nutzen. Aber auch das Militär hat neulich die Handys kontrolliert, ob jemand auf Whatsapp mit Maimai verbündet ist. Threema kennt keiner.

Ich musste öfter fliehen, wenn z.B. die Nduma-Maimai meine Stadt Buyinga angriffen oder die FARDC, die Regierungs­soldaten, sie wieder zurück eroberten. Alle nehmen keine Rücksicht auf die Bevölkerung. Dafür nehmen sie gerne unsere Hühner oder Ziegen mit.

Eines Tages waren meine Telefon­einheiten verbraucht und ich hatte auch kein Geld mehr, um neue zu kaufen. Ich war gerade auf der Flucht irgendwo im Wald, aber dort fand ich einen Ort mit Netz. Uleda war nicht zu erreichen, so sandte ich Mwira eine Nachricht und er überwies mir von seinem Telefon einige Einheiten. Er wollte sie auch nicht wieder haben, denn er meinte, das wäre seine Spende für die Pygmäenarbeit. Das war noch mit seinem alten Telefon, bevor er das neue Telefon bekam.

Ich war inzwischen öfter bei Mwira. Wenn er das Telefon einstellt, ist das für mich wie bei einem Zauberer. Ich sehe, wie er etwas macht, mit dem Finger wischt und dann kommt ein Ergebnis. Ich kann auch inzwischen einiges, aber ehrlich, ist das nicht vielleicht doch Zauberei?

Auch ich habe mein Telefon auf Kredit bekommen. Es gehört also vorläufig dem Projekt. Ich bekomme jeden Monat 10$ für die Verwaltung und damit zahle ich das Telefon ab. Außerdem bekomme ich Geld für die Telefon­einheiten, bzw. Internet, damit ich Bilder schicken kann. Papa hat mir sogar eine Tastatur geschickt, mit der ich auf meinem Telefon schreiben kann, wie auf einem richtigen Computer.

Julienne mit ihrem Handy

Da wir hier sehr große Probleme mit dem Wasser haben, versuchen Papa Schulze und Mwira einen Wasserfilter zu bauen. Das klappt nicht sehr gut. Sie versuchen hier einiges mit lokalen Mitteln. Ich hoffe, dass es bald was wird. Wir brauchen so etwas dringend. Immer wieder gibt es bei uns Durchfall oder Typhus durch das Flusswasser.

Leider gehen die Pygmäen immer wieder weg. Angeblich um zu jagen. Das haben sie früher gemacht.

Aber ich vermute, dass sie in die Coltanminen2 gehen. Dort können sie in kurzer Zeit viel Geld verdienen, mehr als mit Feldarbeit oder durch die Jagd. Die Besitzer der Minen nehmen gerne Kinder oder Pygmäen, weil die so klein sind. Papa warnt uns vor Coltan, denn das wäre giftig, nur dass das Gift lange braucht und man erst nichts merkt. Die Leute graben aber trotzdem danach.

Hier, am Dorf der Pygmäen, sollte Coltan oder Gold abgebaut werden. Die Pygmäen sollten weichen. Projekt Tandandale gewann den Prozess für die Pygmäen.

 

Bitte betet für uns und für die Menschen, die nach Coltan graben müssen.

Wenn wir in Deutschland zum Handy greifen, nutzen wir damit Coltan aus dem Congo. Nehmen Sie sich doch beim nächsten Mal etwas Zeit und besinnen Sie sich darauf, dass für dieses Coltan ein ganzes Land leidet. Vielleicht sprechen Sie ein Gebet für den Congo und für die Menschen dort. Vielleicht auch für unsere Politiker, dass sie ihre Aufmerksamkeit auch auf den Congo richten.

1 Ich konnte den Krieg fast miterleben! Durch die moderne Kommunikations­technik war es mir möglich, das Hin und Her im Osten des Congo mitzu­erleben. Auch das Leben der Menschen, der Austausch von Bildern und Videos ist so einfach geworden. Drei Mitarbeiter haben ein Smart­phone mit Threema be­kommen. Eine sehr gute Investition, ob­wohl ich anfangs doch Bauchschmerzen hatte. Kann ich dafür Spendengelder aus­geben? Andererseits sind gebrauchte Handys auch nicht so teuer.
Aber jetzt kann Julienne schnell berichten. Ich konnte ihr sogar von hier aus helfen! Auf der Flucht konnte sie sich über die Lage informieren und in Kontakt bleiben. Vielleicht hat ihr das schon das Leben gerettet.
Außerdem braucht sie jetzt keinen Fotoapparat mehr, der ja auch Geld kostet. Zudem muss sie nicht mehr nach Butembo reisen, um zu berichten, sondern das geht per Email bzw. Threema. Schnell, einfach und billig. Zu meiner Zeit im Congo musste ich alles per Brief regeln, bei Laufzeiten von 2 Wochen hin und dann noch zurück.

2Das Coltan des Congo wird für Li-Akkus benötigt. Nirgends auf der Welt gibt es solche Lagerstätten wie im Congo. Nur ist das Coltan oftmals mit radioaktiven Stoffen verunreinigt, was natürlich die Arbeiter in eine Gefahr bringt, die sie nicht abschätzen oder gar bemerken können. Die Nachbarstaaten Ruanda und Uganda werden beschuldigt, an der Instabilität interessiert zu sein, ja, sie sogar teilweise zu verursachen, damit der Coltanhandel und deren Profite auch weiter durch ihre Länder laufen.
Tatsächlich gehört Ruanda zu den weltgrößten Exporteuren von Coltan, obwohl es selbst keine Vorkommen besitzt. Verschiedene Rebellengruppen im Congo wurden von Ruanda unterstützt, bis die Drohung der UN-Mission, notfalls die Rebellen auch in Ruanda zu verfolgen, führte zu einem Einlenken.

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