Zeit ist relativ

Zeit ist tatsächlich relatiWohnzimmerv. Donnerstag wollten wir uns mit den Leuten aus Tandandale besprechen und überlegen, wie wir das Projekt unter den Bedingungen fortführen wollen und können.

Mittwoch war das Seminar mit den Verantwortlichen für Entwicklung geplant und Freitag/Samstag nur mit den Wambuti zusammen das Wirtschaftsplanspiel und die Einrichtung eines Entwicklungskomitée durch die Pygmäen. Aber es kam mal wieder alles anders als geplant. Zuerst einmal ist die Frau eines Pastors aus Bwatsinge, 120km südlich von hier, im hiesigen Krankenhaus gestorben und man war im Deuil. Normalerweise werden dann alle Arbeiten gestoppt und man trauert zusammen. Allerdings scheint hier alle drei Tage jemand zu sterben und wenn ich dann die ganze Nacht die Trauergesänge über die leistungsstarken Lautsprecher hören muss, dann liegt mein Mitgefühl nicht mehr so bei der Trauergemeinde. Naja, auf jeden Fall kamen noch genug Leute zusammen, dass wir das Seminar trotzdem so durchführen konnten. Sowohl dieses als auch das Seminar mit den Wambuti war ein Erfolg. Sie fanden es alle sehr interessant, vor allem, wie Pastor Melissa es sagte, „Wir haben gelernt, dass wir bei einem Projekt nicht das Geld sofort aufessen dürfen, sondern investieren müssen.“ Na, dass ist doch was für einen Pygmäen. Wie mir der Entwicklungsbeauftrage erzählte, ist dieses Denken bei vielen Pastören nicht vorhanden. Sie möchten schnell aus einem Projekt Erträge bekommen und das macht dann so manches Projekt kaputt.

Donnerstag ging es dann mit der Relativität weiter. Für 9 Uhr haben wir die Wambuti erwartet, doch sie kamen und kamen nicht. Gegen Mittag versuchten wir den Pastor zu erreichen, auch vergeblich. Auf der Straße zwischen Tandandale und Butembo gibt es zahlreiche Funklöcher. Auf die SMS, die ich dann schickte, meldete er sich gegen 15 Uhr mit der Mitteilung, dass er in einer Stunde da wäre. Kurz nach 17 Uhr, als die ersten Leute schon eingetroffen waren, machte ich mich auf den Weg zu seinem Haus, weil ich vermutete, dass er zuerst dort vorbeigefahren ist. Und tatsächlich kam er mir dann auf dem Weg entgegen.

Schließlich saßen wir um 17:30 Uhr zusammen im Wohnzimmer und ich frage ihn, warum er 8 1/2 Stunden Verspätung hätte. „Wieso? Das Seminar ist doch erst morgen!“ Naja, Zeit ist eben relativ und wir müssen wieder mal die Planung umstellen.

Daher lief am Freitag zuerst die Besprechung mit den Mitarbeitern ab 8:30 Uhr. Fast alle waren pünktlich, nur der Schuldirektor und die Krankenschwester fehlte. Ich selbst war erst 8:31 Uhr da, weil ich noch im Krankenhaus einen Malariatest habe machen lassen. Wieder einmal hatte ich Kopfschmerzen und leichten Durchfall, aber es konnte keine eindeutige Malaria festgestellt werden. Ingo hat es dagegen schlimm erwischt. Er verbrachte den Tag im Bett, treu versorgt von Julienne, die ihm immer Tee und Wasser brachte. Ich habe mich zwischendurch auch mehrmals hinlegen müssen und habe mich ansonsten durch den Tag geschleppt.

Es war interessant, so richtig Multikulti in unserem Wohnzimmer. Sechs Pygmäen, ein Mupiri, drei Wanande, darunter Julienne die Köchin und Josef der Gärtner, zwei Ruhrgebietler und ein Buschmann, Pardon, Schwabe. Das hatte der Häuptlingssohn Kambale wohl noch nicht gesehen. Man sah ihm richtig an, dass er teilweise staunte. Nicht nur dass es unüblich ist, dass Weiße Schwarze ins Wohnzimmer einladen, sondern auch in einer so gemischten Gesellschaft und trotzdem so familiär.

Bei der Besprechung erzählten wir ihm von unserem Problem. Wenn die Wambuti-Pygmäen weg müssen, dann müssen wir auch gehen und können die Schule nicht mehr unterstützen. Das gab ihm zu denken. Er könne die Vergabe nicht ändern, bzw. Zurückziehen aber wir baten ihn, doch zu vermitteln und schenkten ihm schließlich noch eine schöne Armbanduhrmwami.

Heute, am Ende des Tages kann ich sagen, dass ich wieder einmal vieles richtig gemacht habe, ohne mir dafür viele Gedanken zu machen oder sogar intensiv dafür zu beten. Gott hat mich einfach wieder in die richtigen Richtungen geleitet. So habe ich den Häuptlingssohn einfach mit in die Gruppe einbezogen, sowohl als geehrten Gast aber nicht überzogen. Er staunte wohl auch, dass ich meinerseits keinen Wert darauf legte, von den Pygmäen als Besonders angesehen zu werden, sondern mit ihnen auf einer gleichen Ebene umging. Als wir in unserem Wohnzimmer zusammensaßen, stimmte sogar die Augenhöhe. 🙂

Hinterher habe ich mit Matthias noch über den Abend gesprochen. Es gibt ja nicht mehr viele Gelegenheiten für eine traditionelle Basismission, aber hier war eine solche Gelegenheit durch das Entwicklungsprojekt und die Gute Botschaft von Jesus, das Leben von Menschen und Gemeinschaften positiv zu verändern. In dem Sinne äußerte sich dann schließlich auch der Pygmäe, Pastor Melissa.

Ja, wie geht es weiter? Wir sind mit dem Blog im Rückstand. Sorry, zu viel war zu tun und mit dem Internet hat es auch nicht immer so geklappt. Aber ich denke am Wochenende wird Ingo wieder seine Sachen einstellen können.

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