Guck mal, der Neger macht ein Foto!

Tja, anscheinend sind rassistische Züge normaler als man allgemein glaubt. Sonntag hatten wir Romain, einen unserer Pygmäen gebeten (Naja, ehrlicherweise eine Bitte, die man nicht ablehnen kann) zu uns nach Katwa zu kommen. Wir mussten einiges vorbesprechen für das Seminar, das wir vorhaben. Mit einem Wirtschaftsplanspiel wollen wir die Durchführung von Projekten üben.

Hier hatten wir im Vorfeld schon bei unseren – ja jetzt wird es schwierig politisch korrekt zu bleiben – Bantu-Freunden Kopfschütteln ausgelöst. “Ob die das können?” Romain jedenfalls stellte sich sehr gut auf die neue Situation ein. Als Ingo ihm den Bildaufbau beim Fotografieren mittels der neun Felder erklärte hörte er gut zu und setzte das dann auch im praktischen Teil anscheinend gut um. Dann waren wir etwas später beim Pastor eingeladen. Zum Essen natürlich. Anschließend machte der Videomann, der uns öfter begleitet, ein Foto von uns, dann der Pastor und dann stand Romain auf, um ein Foto zu machen. Sein erstes offizielles. Alle staunten und lachten. Man sah direkt, was in ihrem Kopf umging. “Schau mal, der Neger macht ein Foto.”

Nun, so hätten es die belgischen Kolonisten gesagt, aber so würde das hier keiner sagen. Vor allem deshalb nicht, weil Neger hier kein Schimpfwort ist und ich auch öfter die Äußerung, “Wir, die Neger, …”, gehört habe. Dieses Problem ist hier einfach uninteressant. Es ist eher ein Problem rassistischer weißer Kreise. Aber der Gedanke, dass andere Völker, hier die Wambuti-Pygmäen, gewisse Sachen nicht können, scheint auch bei den Wanande und Wapiri (Bantu-Völker, die hier leben) verbreitet zu sein. Dabei ist es tatsächlich so, dass die Völker unterschiedliche Fähigkeiten haben. Die Bantu lernen viel schneller Sprachen als Europäer oder gar Amerikaner. Wanande sind als Händler viel erfolgreicher als andere Völker und beim Leben im Regenwald sind die Wambuti unschlagbar. Aber beim Festlegen des Wertes und der Rechte eines Menschen ist das uninteressant. Das haben auch die Leute hier inzwischen begriffen, besonders die in der Kirche. Alle Menschen werden mit den gleichen Rechten und dem gleichen Wert geboren. Und das gilt nicht nur für den Kampf der ‚Kongo-Neger‘ gegen die weißen Kolonialisten (1960), sondern auch für die Pygmäenvölker in der heutigen congolesischen Gesellschaft. Dies wird von den Freunden in der CBCA-Kirche anerkannt und auch gefördert.

Interessant war auch unser Gespräch mit Romain beim gemeinsamen Frühstück bezüglich der Handelsbeziehungen. Wir wollen vom Projekt Tandandale Sachen der Wambuti Euch in Deutschland anbieten. Doch wie soll das Logo sein? Made by Wambuti? Produit par Pygmées? “Romain, was meinst du denn? Wie nennt ihr euch denn?” “Wir sind Pygmäen! Darauf sind wir stolz und das ist gut so.” So wird unser Produkt dann ‚Produit par Pygmées‘ heißen. Romain hatte auch die Gedanken, die dahinter standen, gut verstanden. Auf den Hinweis, dass manche den Begriff als rassistisch oder abwertend ansehen würden antwortete er nur mit einem Achselzucken.

Naja Augenhöhe im übertragenen Sinne

 

Im Ganzen war das Gespräch mit Romain sehr interessant. Ein Gespräch auf Augenhöhe. – Naja, jedenfalls so ähnlich.

 

 

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