Wenn man mit Horst in Katwa und Butembo unterwegs ist, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Wer ihn nicht aus seiner Zeit als Missionar hier kennt, hat auf jeden Fall schon einmal von ihm gehört. „Ach, du bist Schuldsäh“ hören wir hier mehrmals täglich.
Nicht nur der „chef du bureau“ des Bürgermeisters, der es tatsächlich geschafft hatte, uns eine Audienz bei der MONUSCO zu verschaffen, auch der dortige Torwächter hatte bereits von ihm gehört und zeigte bedeutungsvoll auf sein Radio. Es muss wohl einen Bericht gegeben haben, dass Missionaire Schuldsäh wieder „in town“ ist. Nachdem eine Delegation aus Goma das Hauptquartier verließ, wurden wir zum Bürochef des Leiters vorgelassen und trugen unser Anliegen vor. Interessiert hörte er uns zu und bekräftigte, dass die Arbeit mit den Wambuti eine bedeutende Rolle bei der Herstellung von Frieden im Kivugebiet einnähme und er eine Eskorte durch die UN nur befürworten könnte. Dummerweise stellte sich schnell heraus, dass die Erstellung der Eskortenpläne einem einfachen Prozedere folgen: Zunächst wird die offizielle, schriftliche Anfrage im Hauptquartier Butembo bearbeitet und danach zum Hauptquartier für den Nord-Kivu in Beni weitergeleitet, nach Überprüfung werden die Unterlagen dann an das Gesamthauptquartier für Nord- und Süd-Kivu in Goma übermittelt, wo dann jeweils Mittwochs in einem Stabstreffen der Eskortenplan für die darauffolgende Woche erstellt wird und anschließend wieder zurück über das Hauptquartier in Beni zurück nach Butembo geleitet wird. Wie hieß der Passierschein in dem einen Asterix-Film doch noch gleich? Diese Lösung kommt aus zeitlichen Gründen für uns leider nicht in Frage. Für eine Bitte bei der MONUSCO um dringliche Behandlung müssten wir wieder nach Goma zurück, um dort persönlich vorstellig zu werden. Auch das Einschalten der nationalen Polizei kommt für uns nicht in Frage, da dort die Pläne für unsere Reise nach Tandandale eventuell in die falschen Hände geraten könnten. Wir werden also nach anderen Wegen suchen.
Vor dem Besuch bei der MONUSCO waren wir in einem Gottesdienst der hiesigen frankophonen Gemeinde. Von ein paar französischen Worten wie frère, soeur und égocentrisme abgesehen habe ich allerdings nicht viel verstanden, da man hier fröhlich Swahili und Kinande sprach – na toll^^ Wir bekamen Stoffballen geschenkt, aus denen wir uns hier Hemden schneidern lassen (müssen). Beeindruckt hat mich die Art, wie hier mit der Kollekte umgegangen wurde. Diejenigen, die kein Geld zum Spenden hatten, brachten Produkte aus ihren Gärten oder ihren Feldern mit. Die mitgebrachten Gaben wie Zwiebeln, Maniokblätter und Dünger wurden am Ende des Gottesdienstes in der Gemeinde meistbietend versteigert. Nach einer Gebotsschlacht mit anderen Gemeindegliedern ist Horst nun stolzer Besitzer einer neuen Axt und eines Holzstamms. Herzlichen Glückwunsch, Monsieur Schuldsäh! Für später wurden wir noch von der Frauengruppe der Gemeinde zum Essen in einem Restaurant eingeladen. Sie wollten gerne finanzielle Hilfe für ein geplantes Projekt in ihrer Gemeinde, bei dem ein Raum gekauft werden sollte, um ihn anschließend gewinnbringend zu vermieten, um mit dem Erlös die Witwen- und Waisenarbeit der Gemeinde zu unterstützen. Aufgrund des geschenkten Stoffes und der Einladung zum Essen, war Horst nun verpflichtet, ihnen ebenfalls bei ihrem Problem zu helfen. Während Horst mit ihnen einen Geschäfts- und Finanzierungsplan austüftelte und ihnen Vorschläge für eine Finanzierung unterbreitete, begleiteten Matthias und ich Uleda zu einer Untersuchung ins katholische Krankenhaus. Auf dem Gelände des Krankenhauses setzten wir uns zusammen mit Julienne auf eine Mauer und hatten erstmals die Gelegenheit, die vorbei kommenden Menschen halbwegs unbemerkt zu beobachten. Nur gut, dass der Akku meiner Kamera leer war… *gnarf! Afya nzuri, Uleda – Gute Besserung!
Passierschein A38 😉
– oder vor Ort besser: ‚laissez-passer A trente-huit‘