Reiseblog 11 – Noch einmal: Pygmäen (fast) ohne Aufpasser

Pygmäen in SengaDie Wambuti vertrauen mir, das hatte ich bei den letzten Besuchen schon festgestellt. Sie vertrauen mir mehr als den ‚Anderen‘, den hier schon länger wohnenden Wapiri oder den jetzt vermehrt zuwandernden Wanande. So war mein dritter Besuch bei Ihnen in diesem Jahr wohl der erfolgreichste.

In Februar hatte ich sie mit Ingo und Matthias besucht und das war schon eine halb touristische Veranstaltung – für beide Seiten. Dann bin ich gleich zu Anfang meines Besuches hin gefahren, in Begleitung des Pasteur Surveillants (Superintendent) und natürlich Heri, Uleda und Julienne. Hier wurde schon ganz konkret über verschiedene Projekte gesprochen, aber der Hauptteil des Besuchs war natürlich die Brücke.

Die Wambuti sprachen aber auch ganz konkret ihre Situation an. Sie hatten im Frühjahr ein Schneider-Atelier geplant und von mir dafür Geld bekommen (für Wellblech, Tische, Stühle, Fenster und Türen), so wie sie es verlangt hatten. Nur die Wände fehlen, genauer gesagt, das Haus. Das hatten sie sich irgendwie anders vorgestellt und ich habe sie auch gelassen. Nun haben sie gemerkt, wie wichtig eine gute Planung und Vorbereitung sind (Nebenbei bemerkt, ich habe ihnen vom Berliner Flughafen und der Elbphilharmie erzählt…) Und so war dieser Besuch ein richtiger Arbeitsbesuch:

1. Begrüßung Ja, die war wieder herzlich aber auch kürzer

2. Besprechung unter x Augen

Und dann holten mich die Wambuti auch gleich in ihr Büro: 1,4 x 2 m, stellten einen Stuhl für mich und eine Bank für Silvain den Dorfhäuptling auf, dann quetschten sich noch etliche andere hinein und dann kamen die heißen Themen auf den Tisch.

„Wir haben uns umgehört und einen Maurer gefunden, der uns einen Kostenvoranschlag für ein Holzhaus gemacht hat. Hier ist er, sollen wir ihn rufen?“ Ehrlich gesagt, ich staunte nicht schlecht. Im Februar habe ich ihnen ein Kurzseminar gegeben über Projektplanung und jetzt legten mir die Pygmäen einen Kostenvoranschlag vor! Nun gut, er war handschriftlich auf ein Blatt geschrieben und eine genaue Größenangabe vom Haus fehlte auch. Da stand einfach: Haus für 20 toles, dann eine Aufzählung was man so braucht, Summe 560$.

Romain war einige Tage vorher zu mir nach Katwa gekommen und wir haben da ein Kurzseminar über Kassenführung abgehalten und ich erzählte ihm von dem Kostenvoranschlag, der so groß ist, dass wir ihn uns momentan leider nicht leisten können.

Ich legte diesen Kostenvoranschlag später Uleda vor und diese fand das auch interessant, aber auch den Haken: Es fehlten die Nägel und Beschläge. Doch immerhin, der Preis war wesentlich niedriger wie der, den Heri veranschlagt hatte. Das lag aber auch daran, dass sie in der Umgebung die günstigsten Bretter gesucht hatten. Auch Steine für die Verankerung und anderes fehlte in der Liste. Trotzdem überlege ich, ob ich sie nicht dieses Projekt so machen lassen soll. Doch erst einmal muss es einen Kassensturz geben. Ich verschob das Projekt erst einmal auf das Ende der Besprechung.

Als nächstes sprachen sie das Problem ihrer Situation vor Ort an: „Wir merken, dass immer mehr Leute hier hin ziehen, vor allem Wanande. Wird sich das wieder ändern?“ Hier musste ich sie leider enttäuschen: „Das wird sich nicht ändern, sondern es werden immer noch mehr kommen. Ihr müsst Euch an diese Situation anpassen, vor allem dadurch, dass ihr eure Kinder zu Schule schickt. Sonst geht ihr unter!“ Sie nickten, denn das schien ihnen wohl schon klar gewesen zu sein.

Später sprach mich dann eine alte Frau an. „Wir essen immer nur Blätter, kein Fleisch! Wir sind aber Fleisch gewöhnt und wir möchten wieder Fleisch!“ Auch hier hatte ich eine zwar liebevolle, aber doch in der Sache harte Antwort. „Ich kann das verstehen. Ihr könnt keine Antilopen mehr jagen, denn die sind weit weg und rar geworden. Wenn ihr Fleisch haben wollt, dann müsst ihr Tiere züchten. Ziegen, Kaninchen, Schweine oder auch Fische. Anders geht es nicht.“ Dann erinnerte ich mich an eine Frau in Deutschland, die mir vor meiner Reise angeboten hatte, die Wambuti in solch einer Weise zu unterstützen. Sie dachte wohl an eine Ziege, ich hoffe, sie finanziert auch das Schwein, das ich den Wambuti versprochen habe.

In der Zwischenzeit hatte sich eine Frau mit in die Hütte gedrängt. Das fiel mir auf und ich merkte auch, dass sie anders aussah. Tatsächlich stellte sie sich später als Schwester desjenigen vor, der die Pygmäen aus Senga vertreiben will. Das vermutete ich sogleich und dachte nur: „Aha, doch noch ein Aufpasser!“ (Natürlich neben Uleda, die sonst auf alles andere aufpasst.) So wechselte ich kurz das Thema. „Ich wurde gefragt, ob es nicht besser wäre, wenn Ihr Euch unter die andere Bevölkerung mischt, statt in eurem Dorf zu leben! Was meint ihr dazu!“ Silvain überlegte eine Weile und meinte dann, dass sie lieber zusammen bleiben würden. Ich fragte dann auch die anderen und sprach dann die Frau an, was sie dazu meinte. Auch sie war der Meinung, dass die Wambuti lieber hier in ihrem Dorf bleiben sollten. Eine interessante Antwort, fand ich. War sie anderer Meinung als ihr Bruder oder wollte sie nicht, dass die Wambuti zwischen ihnen leben. Ich habe nicht gefragt.

3. Werbung

Auf Bitten der Wambuti werden wir einiges ändern müssen in unserer Arbeit. Der Schulbesuch der Wambuti hat sehr nachgelassen und der Schuldirektor sah sich nicht in der Lage, etwas dagegen tun zu können. Es ist eben eine Sache des Vertrauens. Da war ich über die Art, wie Julenne begrüßt wurde und wie sie die Wambuti begrüßte, sehr überrascht. Das war sehr herzlich und ohne Vorbehalte. Julienne hatte sich damals tatsächlich das Herz der Wambuti erobert, als sie dort als Krankenschwester arbeitete. Ich habe mich deshalb entschlossen, sie erste einmal für ein Jahr einzustellen verbunden mit der Auflage, dass sie nach Vuyinga zieht, wo ein neuer Kirchenkreis entstanden ist. Von dort kann sie dann mehrmals in der Woche die Pygmäen besuchen. Wie das finanziert werden soll ist noch offen. Ich kann ihr leider vom Projekt aus nur sehr wenig zahlen und ob ich für die Umzugskosten noch was locker machen kann, weiß ich auch nicht. Am liebsten hätte ich sie ja ganz in Tandandale, aber da ihre eigenen Kinder noch zur Sekundarschule gehen, geht das leider nicht. Die nächste Sekundarschule liegt halt in Vuyinga.

Also habe ich einige Fotos und Videos von ihr gemacht. Etliche davon, wie sie mit den Wambuti umgeht und auch einige gestellte, wo sie Verschiedenes erklärt. Demnächst mehr davon hier auf diesem Kanal.

Auch das Fußballspiel musste ich neu aufnehmen, denn ich hatte gemerkt, dass Romain bei den Videos Aufnahme und Pause verwechselt hatte. Das ist sehr schade, denn er scheint eine sehr ruhige Hand zu haben und einen guten Blick.

„Können wir nicht wenigsten eine Plane haben, dann können wir uns ein provisorisches Atelier bauen?“, frage Romain, als er bei mir in Katwa war und so konnte ich den Hangar bewundern. Er war gerade erst fertig geworden und verschiedene Frauen und junge Männer versuchten etwas zu nähen. Doch irgendetwas stimmte da nicht. Die Maschinen liefen nicht. Einer hatte die Gebrauchsanweisung vor sich liegen, kam aber nicht weiter, obwohl sie nur aus Bildern bestand. Aber vielleicht war das ja auch das Problem. Julienne wusste Rat. Sie hat ja nicht nur eine Ausbildung als Krankenschwester gemacht, sondern auch Nähen gelernt. „Die Maschinen müssen erst einmal geölt werden.“ Das taten wir dann auch und anschließend liefen die Maschinen wie geölt.

Dann ging es zur Brücke. Zwei Wambuti wurden vorgeschickt um das Schild schon mal zur Brücke zu bringen. Ich bot Pastor Masungu meinen Platz im Auto an und kaperte sein Motorrad, damit brauste- nein tuckerte ich zur Brücke und ein Stück weiter, wo ich drehte und Romain filmen konnte, wie ich ankam. War schön, auch wenn das Motorad schon merklich alt ist. Immerhin kommt man bei Schrittgeschwindigkeit und Vollbremsung schon nach ca 5 Metern zum Stehen.

Doch jetzt ging es um die Brückenaufnahmen. Schild mit mir, mit Pastor mit allen usw. Dann noch einige Aufnahmen an der Brücke. Ich hoffe, dass Romain jetzt alles richtig gemacht hat.

Was nicht fehlen durfte, war der Besuch in der Schule, die zu dieser Zeit leer und verlassen war wegen der Ferien. Und wieder Aufnahmen gemacht und Romain drehte den Film weiter. Ich weiß noch nicht, was dabei raus gekommen ist. Nach dem obligatorischen Mittagessen legte ich den Kopf auf den Tisch und machte erst einmal ein Nickerchen. Danach war es auch schon ziemlich spät, als wir endgültig zurück nach Katwa aufbrachen.

Als wir an der Brücke vorbei kamen, lief ich voraus und sperrte die Brücke ab. „Brückenzoll!“ verlangte ich. „Einen Stein!- Mindestens!“ Lachend lieferten alle ihren Stein ab. Besonders die Kinder hatten daran Freude.

sokiFreude hatten sie auch an der Preisverleihung. Ich hatte einige Sachen für die Kinder mitgebracht, die das Schuljahr erfolgreich beendet hatten. Den Preis verlieh meine Handpuppe. Mit großen Augen betrachteten die Kinder die Puppe und wussten nicht so recht, was sie damit anfangen sollten. Doch als die Preise kamen, nahmen sie sie gern. Ein Mädchen bekam einen Stoffteddy geschenkt. Uleda meinte, dass die damit nichts anfangen könne, doch das Mädchen band ihn sofort auf ihren Rücken und war ganz glücklich. Ich auch.

Schließlich verabschiedeten wir uns und verabredeten uns für den nächsten Tag zur Eröffnung des neuen Kirchenkreises Vuyinga.

Liebe Grüße
Horst

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