Heute morgen mussten wir recht früh aufbrechen, aber die Zeit reichte, wie bisher jeden Morgen, noch dazu, uns im Kivusee zu waschen. Auf dem Weg zum Flughafen mussten wir noch einen kurzen Stopp beim CBCA Büro machen, da wir dort unsere „ordre du mission“ abholen mussten, die uns offiziell als Missionare ausweist und die lokalen Authoritäten darum bittet, uns in jeder erdenklichen Weise zu unterstützen. Stempel und offiziell aussehende Dokumente sind hier sehr wichtig!
An der am Flughafen von Goma stationierten MONUSCO Truppe und an zahlreichen Flugzeugwracks vorbei, von denen einige aber trotzdem noch nicht ausgemustert zu sein schienen, ging es zum Passagier Terminal. Kanyororo hatte wieder alles im Griff, und nachdem ein paar Scheinchen den Besitzer gewechselt haben, trugen uns die Leute von der international renommierten Fluggesellschaft Cetraca Aviation Services unser Gepäck ins Terminal. Wir waren die ersten am Schalter, was sich für uns als sehr vorteilhaft herausstellen sollte, da der Flug voll war und auch die anderen Passagiere nicht sparsam mit Gepäck waren. An einem ausgedienten Türrahmen wurde eine Waage aufgehängt, die ich meine gestern noch auf dem Fleischmarkt gesehen zu haben… Wir waren mit 134 kg Gepäck die Spitzenreiter bei erlaubten 45 kg. Für jedes zusätzlich Kilo wollte man von uns 2 US$ haben, Kanyororo schmiss sich jedoch erneut für uns in die Bresche und machte den Leuten am Schalter klar, dass sie eigentlich ja gar nicht so viel Geld von uns haben wollten. Als sie sich selber auch darüber im Klaren waren, mussten wir nur noch 30 US$ bezahlen. Ich fühlte mich ein wenig an die Szene aus Star Wars: Episode IV erinnert, in der Ob-Wan Kenobi und Luke Skywalker von Sturmtruppn auf dem Weg nach Mos Eisley aufgehalten werden. Ein Wink mit der Hand: „Sie können weiterfahren“
Mit einem 500 Franc Schein in der Hand wollte Kanyororo uns eigentlich noch bis zur zweiten Sicherheitskontrolle begleiten, dieses Mal war jedoch die Macht nicht mit ihm. Beleidigt erwiderte der Beamte: „Mit 500 Franc lasse ich mich nicht bestechen!“ So musste er dann draußen bleiben. Die weiteren Kontrollen verliefen aber ganz gut. Ein Beamter wackelte langsam mit unseren Impfausweisen weg, ein anderer kontrollierte unser Handgepäck und ein weiterer durchsuchte uns. Wir machen doch nur einen Inlandsflug! Zügig wurden wir an zwei weitere Polizisten weiter geleitet, die unsere Pässe und Visa prüften. Auch die „ordre du mission“ wurde abgestempelt (Stempel sind eine tolle Sache!). und Matthias und ich durften endlich in den Wartebereich gehen. Horst wurde noch einmal zurück gerufen, man beanstandete etwas mit unseren Impfpässen. Unsere Choleraimpfungen würden fehlen (Es ist keine Choleraimpfung für den Congo erforderlich!) Die Impfungen von Horst und Matthias waren abgelaufen, meine wollte er partout nicht finden, obwohl sie eingetragen ist. Er bot Horst an, dass wir uns sofort impfen lassen könnten – die Krankenschwester stand schon bereit – oder er könne uns gegen eine geringe Entschädigung von 10 US$ pro Person einen Stempel in den Impfausweis geben (schon wieder diese Stempel^^), um uns all unserer Probleme wegen unserer „fehlenden“ Impfungen zu entledigen. Horst wählte die „Schein“lösung.
Das war auch gut so, denn der Flug wurde schon ziemlich bald danach aufgerufen und wir gingen zu einer kleinen zweimotorigen Propellermaschine auf das Vorfeld. Nachdem die beiden ukrainischen Piloten ins Cockpit geklettert waren, ging es los. Der Flug war laut, aber die Aussicht dafür umso schöner. Vorbei am Nyiragongo und den anderen Vulkanen auf dem dem ostafrikanischen Grabenbruch ging es über dichten Urwald, den Edwardsee und Butembo Richtung Beni für eine Zwischenlandung. Für uns war das zwar ein kleiner Umweg, aber nicht weiter wild. Nach dem Auftanken ging es dann wieder zurück Richtung Butembo.
Nach dem Aufsetzen auf der Schotterpiste konnten wir schon ein riesiges Empfangskomitee am Flughafen sehen, angeführt von Uleda, der Projektsekretärin des Projekts Tandandale vor Ort. Alle hatten sich rausgeputzt und drängten auf das Vorfeld. Das Wiedersehen mit Missionar Schulze und seinem Zivi Matthias war überwältigend. Auch ich wurde überschwänglich begrüßt und drei entzückend in weißen Kleidern gekleidete Mädchen überreichten uns Blumen als Willkommensgeschenk. Selbst die Piloten wollten sich mit den drei Mädchen ablichten lassen. Die „Karibu, Karibu“-Rufe (Willkommen, willkommen!) und Gesänge waren überwältigend! Bisher waren wir diejenigen, die alle und alles gefilmt und fotografiert hatten, hier wurde das umgedreht. Ich konnte nicht zählen, wieviele Kameras auf uns gerichtet waren. Mit einem Autokonvoi ging es dann weiter zur CBCA in Katwa, etwas südlich von Butembo, wo wir durch Menschenmassen mit einer Prozession, viel Gesang, Tanz und immer wieder neuen Karibu-Rufen in die Kirche geführt wurden. Dort wurden wir nochmal offiziell begrüßt und uns die ganze Gemeinde vorgestellt. Da wir vom Flug ohne Druckkabine und von der Höhe (Katwa liegt auf etwa 1780m) ziemlich geschafft waren, waren wir froh, dass wir danach zum Gästehaus gebracht wurden, wo wir uns ein wenig entspannen konnten.
Auf dem Weg dahin waren wir von einer Traube Kindern umringt, die alle uns „Wazungu“ (Weiße) die Hand schütteln und einmal am Arm berühren wollten. Eine unglaubliche Erfahrung! Als ich so Horst und Matthias beobachtete, wurde mir klar, dass die beiden wieder zu Haue angekommen waren, was ich gut nachvollziehen kann. Hier in Butembo präsentiert sich Afrika von seiner schönsten Seite. Eindrücke wie aus dem Bilderbuch, wohin man auch schaut. Die Herzlichkeit der Menschen und die Freude über das Wiedersehen hauen einen förmlich um. Julienne, die sich um unser Wohl in Katwa kümmern wird, hatte bereits ein fantastisches Essen für uns gezaubert, das wir dankbar gegessen haben.
Da Horst und Matthias sich im Laufe des Nachmittags nicht mehr so wohl fühlten, sitze ich nun alleine im Gästehaus und überlege, was ich von dem üppigen Früchteangebot, das mich auf dem Tisch anlacht, zum Abendbrot verspeisen werde. -dezente Essgeräusche aus dem Hintergrund- Nachtrag: Ich habe mich für Avocado, Maracuja, Blutfrucht, Ananas und frisch geröstete Erdüsse entschieden, was will man eigentlich mehr? Asante sana, Julienne – Vielen Dank!